Die Mitford Schwestern: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Die Mitford Schwestern: Roman' von Marie Benedict
2.5
2.5 von 5 (2 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Die Mitford Schwestern: Roman"

Format:Broschiert
Seiten:416
EAN:9783462004663

Rezensionen zu "Die Mitford Schwestern: Roman"

  1. 3
    22. Okt 2024 

    Ich hatte mir mehr versprochen.

    Zwischen den Weltkriegen gehört die Aufmerksamkeit der gesellschaftlichen Szene auch den Mitford-Schwestern, die schönen, brillanten und exzentrischen Damen der britischen High Society. Als Diana sich für den britischen Faschisten Sir Oswald Mosley von ihrem wohlhabenden Ehemann trennt, und ihre Schwester Unity für ein Sprachstudium nach München reist, um vor allem Adolf Hitlerkennenzulernen, gerät das Familiengerüst ins Wanken. Während die Nazis in Deutschland an Macht gewinnen, versucht Mosley in Großbritannien die Faschisten zu pushen. Dabei wird er tatkräftig von seiner Geliebten Diana und deren Schwester Unity, die beide in Hitlers Inner Circle verkehren, unterstützt. Doch dann kommt Winston Churchill ins Spiel. Er ist der Mann einer Cousine der Mitford Schwester und bittet Nancy, die älteste der Mitford Schwestern, bei der Bekämpfung der Faschisten in Großbritannien um Unterstützung.

    Meine persönlichen Leseeindrücke
    Ich habe mir von diesem Buch, dem 6. Roman der Reihe „Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte“ etwas anderes erwartet, z. T. inhaltlich aber vor allem vom Erzählstil. Die Autorin, von der ich die Bücher Mrs Agatha Christie, Die einzige Frau im Raum und Das verborgene Genie gelesen habe, kann es definitiv besser. Warum sie diesem Roman ein fast schon schnulzenhaftes Rosamunde Pilcher Flair verpasst hat, kann ich nicht verstehen. Auf jeden Fall hat diese britische Oberschichten-Story meinen Lesewillen sehr stark gefordert und wären nicht immer wieder die hoch interessanten, historisch mir unbekannten Tatsachen um die Rolle der Mitford – Schwestern vor und während des 2. Weltkrieges in den britisch-deutschen Beziehungen geschildert worden, ich hätte das Buch beiseitegelegt.
    Dieser neueste Roman widmet sich der 1930ger Jahre in Großbritannien und Deutschland und erzählt von drei der sechs legendären Mitford Schwestern und ihren extremen und äußerst konträren politischen Anschauungen. Ich muss mit Erstaunen feststellen, dass mir die Mitford Schwestern Diana, Nancy und Unity vollkommen unbekannt sind, genauso wie ihre politische Rolle vor und zu Beginn des 2. Weltkrieges. Mir ist bekannt, dass es in Großbritannien Sympathisanten der Nazis gab, auch aus der englischen Adelsschicht, zu der vermutlich auch Ex König Eduard VIII gehörte, und dass Winston Churchill ein erklärter Hitlergegner war. Was ich nicht wusste, und Marie Benedict mit ihrem Roman ändert, sind die familiären Verbindungen zu Churchill und vor allem die politische Stellung der Mitford Schwestern Diana und Unity in den britisch – deutschen Beziehungen. Dass die Schwestern zum Inner Circle von Hitler gehörten, nehme ich mit großer Überraschung zur Kenntnis.
    Weniger interessant, fast schon schwülstig trivial, empfinde ich hingegen die Familiengeschichte der Mitfords. Dieses Oberschichtengehabe kann man besser und vor allem zeitgemäßer erzählen. Selbst P.G. Wodehouse liest sich moderner und britischer! Sehr schade, denn der eigentliche Handlungsstrang, die politische Rolle in den britisch – deutschen Beziehungen der Mitford Schwestern in den 1930ger Jahren, hätte weitaus mehr hergegeben.

    Fazit
    Der neueste Roman „Die Mitford Schwestern“ aus der Reihe „Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte“ liefert im Rosamunde Pilcher Flair eine Nacherzählung der politischen Rolle in den britisch – deutschen Beziehungen während 1930ger Jahren der Mitford Schwestern Diana und Unity und ihrer größten Widersacherin, der ältesten Schwester Nancy. Ich hatte mir mehr versprochen.

  1. So ein spannendes Thema - eine vertane Chance!

    Mein Lese-Eindruck:

    „The Mad Mitfords“ – die verrückten Mitfords! Die sechs schönen Töchter von Lord Redesdale bildeten in den 20er und 30er Jahren den Mittelpunkt der Bright Young Things, einer exzentrisch-dekadenten Gruppe junger Leute meist aus der Hocharistokratie, die mit Trinkgelagen, Drogenkonsum und wilden Parties für Gesprächsstoff sorgten. Das verspricht eine spannende Lektüre, und daher gleich an dieser Stelle ein Dankeschön an den Verlag für das Lese-Exemplar!

    Der Roman nimmt drei von ihnen ins Visier: Nancy, die Ältere, Diana, die Mittlere und Unity, die Jüngste. Hat man sich mit der Fülle an Namen und Spitznamen der ersten Kapitel arrangiert, ist die schwerste Hürde genommen. Der Roman umfasst die Jahre 1932 – 1941. Die Autorin setzt ein Spotlight auf ein bestimmtes Datum und lässt dann die drei Schwestern antreten. Nancy tritt dabei als Ich-Erzählerin auf, und in den anderen Kapiteln sind die Schwestern die Erzählinstanz. Dieser ständige Perspektivenwechsel sorgt für Abwechslung, und die Episodenstruktur mit den kurzen Kapiteln macht das Lesen zusätzlich kurzweilig. Auf der anderen Seite aber zerhackstückt diese Struktur die Geschehnisse, sodass es zu Wiederholungen kommt. Zudem ist die Autorin damit gezwungen, zurückliegende Ereignisse in einem Rückblick vorzustellen. Damit ergibt sich eine gleichbleibende Gliederung, die zusammen mit den inhaltlichen Wiederholungen langatmig wirkt. Zudem bestehen die Kapitel über weite Strecken aus inneren Monologen, die z. B. die politischen Positionen der Schwestern, der Eltern u. a. in Endlosschleife widerspiegeln, sodass die Erzählung stagniert und sich in Wiederholungen erschöpft.

    Vieles bleibt offen bzw. wird nicht ausgeführt. Vor allem erschließt sich letztlich nicht der Grund für die Faszination, die der Faschismus auf die meisten Familienmitglieder ausübt. Der Kurswechsel der Eltern bzw. des Vaters zum Faschismus und wieder zurück zum Konservativismus bleibt unmotiviert. Wichtiger aber ist, dass auch die Faszination der Schwestern Diana und Unity ohne Erklärung bleibt. Als Leser gewinnt man den Eindruck, dass die Faszination weniger von der Ideologie als von deren Führern ausgeht, die eine besondere erotische Wirkung auf die Schwestern zu haben scheinen. Abgesehen davon, dass mit dieser Darstellung ein merkwürdiges Frauenbild bedient wird: Beide Faschisten, Mosley und Hitler, werden romantisiert bzw. trivialisiert. Beide sind männliche Prachtexemplare, Mosley z. B. besitzt eine „machtvolle Präsenz“ und schöne Augen, Hitler hat ebenfalls schöne Augen, elegante Hände und erlesene Manieren, er ist kunstsinnig und man kann beim Tee so erquicklich mit ihm über Wagner plaudern – hier hätte der Autorin etwas einfallen müssen, die Gefährlichkeit und Menschenverachtung v. a. des Diktators Hitler durchscheinen zu lassen. Mag ja sein, dass Unity das alles ausblendet, aber die Autorin sollte das nicht. Es wäre erzählerisch ein Leichtes gewesen. Auch sprachlich rutscht der Roman leider immer wieder ins Triviale ab. Recherchefehler (Oper in Dachau, Kunststudium u.a.) mindern den Lesespaß zusätzlich.

    Die Quellenlage zur Zeitgeschichte ist hervorragend, und damit steht die Autorin auch vor der Aufgabe, die Zeitgeschichte komprimiert in den Roman zu integrieren. Das gelingt ihr im Wesentlichen gut. Vor allem die Vorkriegs- und Kriegsereignisse verbindet sie geschickt mit der familiären Situation. Die britische Geschichte bleibt allerdings in unverbindlichen Formulierungen stecken: die Regierung sei unfähig und es müsse sich etwas ändern. Auch das Erstarken der BUF bleibt unmotiviert. Hier hätte ich mir mehr Präzision in aller Kürze gewünscht, um das Verständnis für das politische Engagement der Schwestern zu stärken.

    Das Nachwort beschränkt sich auf subjektive Überlegungen der Autorin, die natürlich alle nachvollziehbar sind. Aber hier wäre der Platz gewesen, Fakten und Fiktion voneinander zu trennen und vor allem einen kurzen Ausblick zu geben. Ein Stammbaum wäre ebenfalls hilfreich gewesen.

    Fazit: Ein facettenreiches Thema, bei dem sich Privates und Politisches eng miteinander verzahnen, im Mittelpunkt junge verwöhnte Frauen des englischen Hochadels – es ist schade, dass die Autorin diese Chance nur oberflächlich nutzt.